Widerstände beim Bau einer Dualen Organisation

Es gibt kein Changevorhaben, das keine Konflikte mit sich bringt. Veränderungen erzeugen immer Widerstände! Damit liegt der Schlüssel zum erfolgreichen Wandel auf der Hand: Wer es schafft, konstruktiv mit diesen Widerständen umzugehen, wird erfolgreich die Entwicklungsprozesse vorantreiben können. Daher ist es in Organisationen besonders wichtig, das mittlere Management bei Veränderungen aktiv mitzunehmen. Denn wenn Informationen «von oben» über den Change auch noch «von unten» über die Wahrnehmung der Veränderung weitergegeben werden, besteht die grosse Gefahr, dass das mittlere Management zur «Lähmschicht» wird und eine Unmenge von Widerständen erzeugt.

Schauen wir uns an, welche Widerstände entstehen können und wie man mit diesen umgehen sollte. Wir fokussieren uns hier auf die neun relevantesten:

1. Unzureichende Befähigung hinsichtlich Tools und Methoden
Man geht immer viel zu schnell davon aus, dass die vermittelten Tools und Methoden sofort verstanden und angewendet werden können. Dem ist aber in den seltensten Fällen so! Gerade in hierarchischen Organisationen vermeiden viele Mitarbeitende offen zuzugeben, dass sie etwas nicht verstanden haben. Stellen Sie daher sicher, dass wirklich alle Betroffenen mit diesen neuen Instrumenten umgehen können.

2. Ungenügendes «Buy-in» der Betroffenen
Damit Changeprojekte innerhalb eines Zweiten Betriebssystems erfolgreich umgesetzt werden können, muss jeder einzelne Betroffene – vor allem aus dem mittleren Management – aktiv an Bord geholt werden. Dieses Einbeziehen (Buy-in) erreicht man am besten, indem das WARUM der Veränderung eindeutig und fortwährend kommuniziert wird; unterschätzen Sie diesen Punkt nicht! Es ist wirklich wichtig, dass die Betroffenen das WARUM verinnerlicht und das Verständnis hierfür entwickelt haben.

3. Machtkämpfe und Mikropolitik unbeachtet lassen
Verringern Sie die Zahl der Machtkämpfe dadurch, dass Sie immer wieder die Dringlichkeit der Veränderungen aufzeigen sowie die Konsequenzen, die sie für jeden Einzelnen haben, wenn sie nicht erfolgreich umgesetzt werden können.
Zeigen Sie den Betroffenen auf, wie ihre Entwicklungsperspektiven aussehen und beziehen Sie dafür aktiv das HR mit ein (namentlich die Personalentwicklung). Viele Mitarbeitende haben schlichtweg Angst vor der Zukunft und können dadurch aggressiver bei der Durchsetzung ihrer persönlichen Wünsche und Ziele werden. In solchen Fällen verstärken Viele ihre – für eine Hierarchie typischen – Mikropolitikaktivitäten, welche es soweit wie möglich durch die Führungskräfte zu unterbinden gilt, indem sie konsequent am Puls Ihrer Mitarbeitenden bleiben.

4. Mangelnde Ressourcen
Jede noch so hohe Motivation wird zerstört, wenn man langfristig nicht die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung stellt. Knausern Sie weder mit personeller noch mit finanzieller Unterstützung. Wenn Sie JA gesagt haben zu einer Veränderung, dann stellen Sie alle dazu notwendigen Ressourcen zur Verfügung. Sonst brechen Sie das Projekt lieber ab oder halten es zurück, bis die Ressourcen zur Verfügung stehen.

5. Zu grosser Fokus auf Technologie und nicht Kultur
Lesen Sie dazu den Blogartikel «Unterschied zwischen Digitalisierung und Digitale Transformation». Dort wird ausführlich beschrieben, warum Transformationen (auf dem Weg zu einer Dualen Organisation) nur dann funktionieren, wenn der Mensch ins Zentrum gestellt wird und nicht die Technologie. Dasselbe gilt für kleinere Veränderungsprojekte und wird leider immer noch sehr oft vergessen.

6. Zu schnelle Selbstzufriedenheit. Geringe Konfliktkultur.
Um gewissen Problemen aus dem Weg zu gehen oder Konflikte zu vermeiden, stellen sich in Hierarchien Viele zu schnell mit Change-Ergebnissen zufrieden. In einer Netzwerkorganisation, wie es das Zweite Betriebssystem eines ist, wird das aufgrund der dort vorhanden Kontrollmechanismen (z.B. durch die Definition des «Done» oder durch Teamvereinbarungen) vermieden.

7. Widerstände werden nicht als Lernquelle genutzt
Ohne Widerstände keine Veränderungen! Daher arbeiten Sie mit Widerständen und nicht gegen sie, um von den daraus gewonnenen Lernerfahrungen zu profitieren. Denn die konstruktive Bearbeitung von Widerständen kann Informationen freisetzen, welche die wahren Bedürfnisse einer Unternehmung aufzeigen.

8. Keine Erfolge feiern
Der Mensch feiert gerne. Feiern geben Wertschätzung für das Geleistete, erhöhen die Motivationsenergie, fördern den Teamspirit und erlauben Selbstreflektionen. Aber vor allem können dadurch Erfolge sichtbar gemacht werden, welche die Durchsetzung von weiteren Veränderungsschritten in vielen Fällen vereinfachen.

9. Zu grosse Pläne schmieden, die schwierig umzusetzen sind.
Strategie entwickeln, Konzepte ausarbeiten und Pläne schmieden ist oft einfacher als die jeweilige Umsetzung. Daher kommt es oft vor, dass das, was man sich vorgenommen hat, schlicht zu gross und umfangreich ist, um es schnell und effizient umsetzen zu können. Man verliert die Ziele aus den Augen, fühlt sich verloren und die Motivation sinkt. Daher ist es nicht überraschend, dass ca. 80% aller Strategien und ca. 70% alle Changemassnahmen nicht wie geplant oder gar nicht umgesetzt werden. Ein Zweites Betriebssystem hilft dabei, da «agiles Arbeiten» arbeiten in kleinen Schritten bedeutet.

Wir empfehlen auch eine Widerstandsanalyse bei den entsprechenden Stakeholdern durchzuführen, damit im Aufbauteam des Zweiten Betriebssystem ein gemeinsames Verständnis darüber besteht, wie bei wem vorzugehen ist. Eine solche Analyse erleichtert auch das Controlling und Reporting der Fortschritte. Definieren Sie daher die Stakeholder-Zielgruppen, analysieren Sie die Äusserungsformen von Widerständen, stellen sie Hypothesen auf zu den möglichen Ursachen, klären Sie die Bedürfnisse ab und entwickeln Sie entsprechende Interventionen. Führen Sie Buch über Ihre Aktivitäten und kommunizieren Sie diese transparent innerhalb des Aufbauteams. Nutzen Sie die Informationen, um die Organisation mit diesen Informationen zu bespielen, welche dieser dabei helfen werden, Widerstände zu erkennen und mit diesen umgehen zu lernen.

Wie sorgen Sie dafür, dass Widerstände abgebaut, keine neuen entstehen und der Veränderungsprozess grundsätzlich erfolgreich wird?

1. Alte Gewohnheiten im Auge behalten
Damit Neues entstehen kann, muss das Alte über Bord geworfen werden. Das tönt einfacher, als es ist. Der Mensch, so ist unser Gehirn programmiert, lässt ungern von Gewohnheiten ab, sogar wenn er sich bewusst ist, dass dies besser wäre. Daher ist es wichtig, den Veränderungsprozess – so auch den Aufbau eines Zweiten Betriebssystems – kontinuierlich zu begleiten und nicht schon bei den ersten Erfolgserlebnissen die Changebegleitung zu reduzieren. Lassen sie sich nicht von frühen Erfolgserlebnissen den Blick trüben! Denn bis sich der Change wirklich institutionalisiert hat, vergeht mehr Zeit, als Viele denken. Daher hören Sie auf ihre internen und/oder externen Changespezialisten, wenn diese sagen: wir sind noch nicht soweit!

2. Auf individuelle Bedürfnisse eingehen
Bei klassischen Change-Projekten (z.B. Einführung einer neuen Software) haben sich die Betroffenen der neuen Situation anzupassen- sie werden begleitet, damit dieser Anpassungsprozess möglichst effizient verläuft. Bei der Einführung eines Zweiten Betriebssystem, welche ein komplexer Veränderungsprozess ist, muss man zielgruppengerechte Massnahmen definieren. Eine agile Arbeitsweise ist hier unabdinglich, um zielgruppengerecht und schnell intervenieren zu können. Diese Vorgehensweise mag zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen benötigen; es kann aber nicht oft genug betont werden, dass sich dieser Mehraufwand lohnt.

3. Haben Alle das «Warum» verstanden?
Haben alle Betroffenen die Ziele verinnerlicht und vor allem verstanden, WARUM neue Wege beschritten werden, um diese Ziele zu erreichen? Ist diesbezüglich eine saubere Kommunikationsstrategie erarbeitet worden? Sind diejenigen, welche diese Kommunikationskonzepte ausarbeiten und auch umsetzen werden, entsprechend befähigt worden, um den Weg zur Dualen Organisation kompetent begleiten zu können?
Wenn Sie all diese Fragen mit JA beantworten haben, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das «Warum» verstanden wurde und die «überlebenswichtige» Unterstützung für die kommenden Veränderungen vorhanden ist.

4. Wird ein «Changetheater» gespielt?
Ist man wirklich bereit, ein Zweites Betriebssystem aufzubauen (oder will man in der Organisation digitale Kompetenzen nur an der Oberfläche fördern)? Möchte man sich wirklich ernsthaft digital transformieren, um in Zukunft erfolgreich digitale Produkte und Services zu entwickeln, um gut gerüstet und selbstbewusst in die digitale Zukunft zu schreiten? Wenn die Antworten auf diese Fragen ehrlicherweise mit NEIN beantwortet werden, spielt das Management höchstwahrscheinlich ein sogenanntes «Changetheater», das keinen wahren Wandel ermöglichen wird.
Daher nochmals die Frage: ist Ihre Organisation wirklich bereit? Wir empfehlen immer, sich in einem Workshop mit diesen Fragen offen und ehrlich auseinanderzusetzen. «Lauwarme» Veränderungsaktivitäten können am Schluss mehr Schaden anrichten, als wenn man sie gar nie begonnen hätte.

5. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Führen Sie Buch, sammeln Sie die relevanten Daten, protokollieren Sie alle wichtigen Gespräche und Entscheidungen, halten Sie die Analysen und die daraus entstehenden Aktionen schriftlich fest. Nutzen Sie Software-Tools, die eine Rückverfolgung der Aktionen ermöglichen und transparent einsehbar machen. Wird Ihnen hiermit eine «Überstrukturiertheit» vorgeschlagen? Nein, denn der grösste Bremser beim Aufbau eines Zweiten Betriebssystem ist, dass die Informationen in Ihrer Gesamtheit unübersichtlich werden und dadurch Schlupflöcher entstehen für diejenigen, die den Aufbau des Zweiten Betriebssystems nicht wollen und diesen Aufbau daher abzubremsen oder sogar zu verhindern versuchen.